Sonntag, 29. Januar 2012

Born this way

Etwas früher als erwartet und mit einer harten Landung sind die beiden neuen DWüdW-Redaktionspraktikanten eingetroffen. Gesund, und hin und wieder auch mal munter.


Und da beginnen auch schon die Probleme. Wenn die beiden Neuen nicht gerade saufen wie die Löcher, dann hängen sie bloß faul im Bett rum. Interesse an der redaktionellen Arbeit zeigen sie gar keine, dafür aber umso mehr an den Titten der Chefredakteursgattin. Man sieht also, es wird eine Weile dauern, bis der Chefredakteur die Ordnung und Arbeitsmoral bei der Wahrheit über die Wahrheit wieder voll hergestellt hat. Aber damit ist es ja nicht eilig. Denn was die beiden Neuen noch nicht ahnen: Sie stecken in Knebelverträgen, aus denen sie erst in achtzehn Jahren herauskommen! Hahar!

Sonntag, 22. Januar 2012

Der Katastrophenplaner

Die Costa-Concordia-Katastrophe ist vorbei. Ja, in den nächsten Tagen und Wochen wird man noch das ein oder andere Detail erfahren, aber eigentlich sind alle Geschichten, die es zu erzählen galt, bereits erzählt (Nachtrag: Vielleicht war das auch ein wenig vorschnell. Kollege Nömix trägt weiter ausgesprochen Berichtenswertes zusammen). Und was bleibt, ist das Wissen, daß die nächste Technologiekatastrophe, sie es Schiff, Flugzeug, Eisenbahn, Kraftwerk, Chemiefabrik oder was auch immer, kommen wird, irgendwann und irgendwo. Der dürftige Trost ist, man kann aus jeder Katastrophe lernen und für die Nächste besser vorbereitet sein. Die Technik wird verbessert, die Vorschriften überarbeitet, die Rettungskräfte besser geschult. Und ich finde, auch wir, die gewöhnlichen Zeitungsleser und Medienkonsumenten, sollten aus der letzten Katastrophe lernen und uns besser auf die Kommenden vorbereiten! Denn es wäre ja wirklich schlimm, würden wir unter all der Unmenge an immer neuen, fundierten, sachlichen und essenziellen Informationen, die wir professionell und routiniert dargeboten bekommen, etwas Wichtiges verpassen!
In diesem Sinne macht sich DWüdW daran, die Checkliste zum Medienkonsum im Katastrophenfall aufzustellen! Hier die Blanko-Version Beim nächsten technologischen Unglück in einem reichen Land mit deutschen Touristen (andere interessieren ja sowieso nicht) wird sie dann aktiviert und wir sollten so leicht den Überblick über die unübersichtliche Lage behalten können:


MEDIENCHECKLISTE ZUR
KATASTROPHE VON [hier Name einfügen] AM [hier Datum einfügen]

Tag 0 (Initialphase)

▲ Verwackeltes, schlecht belichtetes 20-Sekunden-Handyvideo mit Moderatorkommentar "Genaues weiß man noch nicht" - "Man muß mit dem Schlimmsten rechnen" - "Sobald wir mehr wissen, berichten wir" (in Endlosschleife)

Zur Kenntnis genommen  ☐    [hier link einfügen]


▲ Beitrag der ohne mehr zu wissen aus dem Wetterbericht, Wikipedia und dem Internetauftritt der/des Betroffenen zusammengegoogelten Informationen

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Liveticker mit "+++ Rettungskräfte sind im Einsatz +++ Lage weiter unübersichtlich +++"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]



Tag +1 (Aktionsphase)

▲ Übersichtsbeitrag "Den Helfern bot sich ein Bild des Schreckens"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Erste Äußerungen von Überlebenden "Es war das Schlimmste, das ich je erlebt habe", Überschrift: "Ich dachte, ich muß sterben"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Kurzes Telefoninterview mit irgendwem, den man leicht im Telefonbuch findet, einen Titel hat und mit irgendwie so was Ähnlichem wie bei dieser Katastrophe da zu tun hat

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Beitrag mit einer Person, die vor einer Woche / einem Monat / letztes Jahr dort war, wo jetzt die Katastrophe stattfand

Zur Kenntnis genommen  ☐   [link hier einfügen]


▲ Bunte Klickstrecke "Die zehn größten irgendwie mehr oder weniger vergleichbaren Katastrophen der Geschichte"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [link hier einfügen]


▲ Der Artikel in der Bild mit dem gestohlenen Privatfoto eines hübschen Mädchens neben der Frage: "Ist DIESES hübsche Mädchen auch unter den TOTEN?"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Der Artikel in der Bild mit dem gestohlenen Privatfoto eines mutmaßlich Verantwortlichen neben der Frage: "Hat ER sie ALLE in den TOD GERISSEN?"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Klickstrecke "Alles was Sie jetzt über [Themenbereich der Katastrophe hier einfügen] wissen müssen"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]



Tag +2 (Hintergrundphase)

▲ Interview mit einem Experten: "Absolute Sicherheit gibt es nicht"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Mahnender Kommentar eines Nicht-Experten: "Beherrschen wir die immer kompliziertere Technik eigentlich noch?"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Hintergrundbeitrag "Was die Katastrophe für die Umwelt bedeutet" (Eine Katastrophe. Keine Sorge, in ein paar Monaten denkt eh' keiner mehr dran.)

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Hintergrundbeitrag "Wie die Finanzmärkte auf die Katastrophe reagieren" (Rückversicherer brechen ein, Ölpreis steigt wie immer)

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Animierte Klickstrecke "Der genaue Ablauf der Katastrophe"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]



Tag +3 (Nachbereitungsphase)

▲ Menschelnder Beitrag über Personen, die der Katastrophe knapp entkommen sind, weil sie den Flug verpasst haben / umgebucht haben / gerade ganz woanders waren

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Skandalisierender Beitrag über den ignorierten Mahner, der seit Wochen/Monaten/Jahren auf die Möglichkeit einer solchen Katastrophe hingewiesen hat

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]


▲ Bericht über die geplanten Schadensersatzklagen und deren Erfolgsaussichten

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]



Tag +4 und mehr (Abspann)

▲ Ergebnis der Presseratsbeschwerde zur Bild-Berichterstattung

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]



▲ Bericht "Das Verfahren gegen die Verantwortlichen endet mit Freisprüchen/niedrigen Bewährungsstrafen"

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]



▲ Die Katastrophe taucht in der bunten Klickstrecke "Die zehn größten irgendwie mehr oder weniger vergleichbaren Katastrophen der Geschichte" zur darauf folgenden Katastrophe auf

Zur Kenntnis genommen  ☐   [hier link einfügen]   [Jetzt neue Checkliste starten!]




Donnerstag, 19. Januar 2012

Mach 2 im Spülbecken

Heute hatte mir wieder mal jemand was von einem Überschallknall beim Durchbrechen der Schallmauer zählt. Und tatsächlich findet man solche Behauptungen im Laufe der Jahre immer wieder und wieder und wieder irgendwo (z.B. 1, 2, 3). Dabei gibt es schon zahlreiche gute Erklärungen, vom Schulbuch über Wikipedia bis zur Fachliteratur, daß der Knall, den Flugzeuge beim Überschallflug erzeugen, rein gar nichts mit dem Durchbrechen der Schallmauer zutun hat. Echt nicht. Auch wenn das Durchbrechen einer Mauer irgendwie schon nach Knall klingt. Hat es wirklich nicht. Also erklären wir hier und heute anschaulich und endgültig (Endgültig?? Wuahaha...!), woher der Knall tatsächlich kommt. Und das am besten anschaulich und in der eigenen Küche.

Nun bieten wohl selbst Küchen, die größer sind als die meine, nicht genug Platz, um Flugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit herumfliegen zu lassen. Aber das ist auch nicht nötig. Denn letztlich ist es ja egal, ob wir die Luft als "stillstehend" betrachten und das Flugzeug herumfliegt. Oder ob wir das Flugzeug als stillstehend ansehen, und die Luft mit Überschall um das Flugzeug herumströmt. Also müssen wir nur einen Luftstrom erzeugen, dessen Strömungsgeschwindigkeit größer als die Schallgeschwindigkeit ist, und dann das Flugzeug, gerne miniaturisiert, hineinhalten.
Aber auch damit haben wir Probleme. Die Schallgeschwindigkeit in Luft liegt in der Küche bei über 300 Metern pro Sekunde, und einen so schnellen Luftstrom kriegen wir selbst mit einem getunten Fön nicht hin. Also müssen wir uns eine einfachere Analogie suchen.

Warum nehmen wir statt strömender Luft nicht einfach strömendes Wasser? Und statt Schallwellen in der strömenden Luft nicht einfach Oberflächenwellen auf dem strömenden Wasser? Das hätte zwei große Vorteile: Erstens haben wir kein Problem damit, in der Küche Wasser schneller strömen zu lassen, als sich Wellen auf ihm ausbreiten können. Und zweitens kann man die Wellen auf dem Wasser einfach sehen, was gleich viel anschaulicher ist, als Schallwellen hören zu müssen. Und trotzdem können wir analoge Effekte wie beim Überschallflug sehen.
Wie haben also die folgenden Entsprechungen:
strömende Luft ↔ strömendes Wasser
Schallwellen in Luft ↔ Oberflächenwellen auf Wasser
Schallgeschwindigkeit ↔ Ausbreitungsgeschwindigkeit der Oberflächenwellen auf Wasser
Überschallströmung ↔ Wasser strömt schneller, als sich Wellen auf ihm ausbreiten
Unterschallströmung ↔ Wasser strömt langsamer, als Wellen sich auf ihm ausbreiten
Und zuletzt die Machzahl M:
Verhältnis der Strömungsgeschwindigkeit von Luft zur Schallgeschwindigkeit ↔ Verhältnis der Strömungsgeschwindigkeit von Wasser zur Ausbreitungsgeschwindigkeit von Oberflächenwellen

Gehen wir damit nun ins hauseigene "Überschallströmungslabor":


Alles, was wir tun müssen, um eine "Überschallströmung" (im nachfolgenden bezeichnen Begriffe in Anführungszeichen immer die Phänomene beim echten Flugzeug, die wir nach obigen Schema nachahmen) zu erzeugen, ist den Wasserhahn über einem Waschbecken mit einigermaßen ebenen Boden aufdrehen. Dann sehen wir eine ganz typische Form auf dem Beckenboden:
Um die Austreffstelle des Wasserstrahls findet sich ein Bereich flachen, wellenlosen Wassers, das mit beachtlicher Geschwindigkeit radial vom Auftreffpunkt nach außen strömt. Dies ist gerade der Bereich, in dem die Strömungsgeschwindigkeit größer ist als die "Schallgeschwindigkeit". Hier haben wir eine "Überschallströmung", die Machzahl ist größer als eins. Vom Austreffpunkt nach außen hin nimmt die Machzahl ab, und nach einem kurzen Stück erreicht sie den Wert eins. Hier ist die "Schallmauer". Man sieht sie sehr schön anschaulich als einen turbulenten Wasserwulst um den "Überschallbereich" herum. Dahinter plätschert das Wasser mit "Unterschallgeschwindigkeit", hier ist die Machzahl kleiner eins, und hier sieht man auch normale Wellen auf der Wasseroberfläche. Das ganze im Bild (zum Vergrößern klicken):


Jetzt bringen wir unser "Flugzeug" in die "Überschallströmung". Das Flugzeug besteht hier einfach aus einer Nadel, deren Spitze wir als Hindernis in die Wasserströmung halten. Und was man dann sieht, ist Folgendes:


In der Strömung vor der Nadel (zwischen Nadel und Auftreffpunkt des Wasserstrahls) finden sich keinerlei Wellen. Hierhin können sie nicht gelangen, denn im "Überschallbereich" fließt das Wasser schneller nach außen hin weg, als sich Wellen auf ihm nach vorne hin ausbreiten können. Nach hinten aber überlagern sich die durch das Hindernis erzeugten Wellen zu einer sich kegelartig öffnenden Wellenfront. Dies ist gerade der "Machkegel", den das "Flugzeug" beim "Überschallflug" hinter sich her zieht. Und dies ist eben auch der Knall, den man beim Überschallflug hört!
Wechseln wir noch mal im Geiste den Beobachtungsort. Wir nehmen an, wir wären geschrumpft und säßen auf einem kleinen Papierschnipsel, der mit dem Wasser mitströmt. Dann wäre das Wasser um uns herum für uns mehr oder weniger in Ruhe, und die Nadel, das "Flugzeug", würde mit "Überschallgeschwindigkeit" durch das Wasser um uns hindurchrauschen. Und hinter sich her zieht es eine kegelförmige Wellenfront. Wenn diese Front unter unsern Papierschnipsel hinwegzieht, dann würden wir kurz und kräftig durchgeschüttelt. Wenn nun ein echtes Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit durch die Luft um uns herum fliegt, dann zieht es einen Kegel aus Schallwellen hinter sich her. Und wenn der über uns hinwegzieht, dann hören wir dies als Knall. Aber dieser Kegel ist immer da, solange das Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit fliegt - genauso wie der Wellenkegel hinter der Nadel im Spülbecken die ganze Zeit da ist, wenn die Nadel nur in die "Überschallströmung" eintaucht. Mit dem Durchbrechen der Schallmauer hat das nicht zu tun. (Man denke sich nur einen Meteoroiden, der mit Überschallgeschwindigkeit in die Erdatmosphäre eintaucht, und das so flach, daß er auf der anderen Seite gleich wieder mit Überschallgeschwindigkeit hinaus fliegt. Dann durchbricht er nie die Schallmauer, sondern ist immer oberhalb. Und trotzdem würde er einen Überschallknall auslösen.)

Aber gehen wir zum Schluß und zum Spaß noch zur "Schallmauer" und der "Unterschallströmung" im Waschbecken. Der Öffnungswinkel des "Machkegels" hängt von der Machzahl ab. Vom Auftreffpunkt des Wassers nach außen nimmt die Machzahl ab, und der Öffnungswinkel vergrößert sich. Man sieht dies deutlich, wenn man die Nadel etwas weiter weg vom Auftreffpunkt ins Wasser taucht:


An der "Schallmauer" verschwindet der Machkegel dann ganz. Man kann sich hier die "Schallmauer" erklären, wenn man bedenkt, daß außerhalb, im "Unterschallbereich", Wellen auf den Auftreffpunkt des Wassers zulaufen können. Sie können aber nur bis zu einem bestimmten Abstand kommen, denn irgendwann läuft das Wasser zu schnell in die entgegengesetzte Richtung. Wo die Geschwindigkeit der Wellen genauso groß ist wie die Geschwindigkeit des entgegenkommenden Wassers (Machzahl M = 1), stoppen die Wellen und das Wasser staut sich zur turbulenten "Schallmauer".

Bringen wir unser "Flugzeug" jetzt noch in den "Unterschallbereich", dann sieht das Wellenmuster ganz anders aus. Hier können sich die durch das Hindernis ausgelösten Wellen auch nach vorne, gegen die Strömung, ausbreiten. Und nur hier im "Unterschallbereich" sieht man dann Wellen auch vor dem "Flugzeug". Dafür gibt es hier dann keinen "Machkegel", der sich hinter dem "Flugzeug" herzieht:


Tja, so einfach kann's sein mit "Küchenphysik"!


PS: Natürlich darf man das hier erzählte nur als (hoffentlich) nützliche Analogie auffassen. Die tatsächlichen physikalischen Prozesse im Spülbecken sind sehr verschieden von denen beim Überschallflug in der Luft - und sie sind sehr viel komplizierter! Den Versuch einer "richtigen" Beschreibung habe ich lieber schnell wieder aufgegeben...!

Mittwoch, 18. Januar 2012

Denkwürdige Momente des Zusammenlebens (II)

Am Ende der Schwanenseeaufführung:

Sie: Die Fassung mit Happy End? Ich will mein Geld zurück!

Er: Wieso?

Sie: Ich hab' für einen toten Schwan bezahlt!


Sonntag, 15. Januar 2012

Todeskrampf beim Unter-Gang

Da havariert ein Kreuzfahrtschiff. Und nirgendwo scheint man in der Berichterstattung ohne die völlig überraschende Assoziation der Passagiere auszukommen: Es war wie im Film "Titanic"! [1 2 3 4 5 uvm...]. Man sieht es schon fast vor sich, wie die Artikel so zustande kamen:

"Da hat einer gesagt, es sei wie im Film "Titanic" gewesen. Los, den habt ihr doch auch gesehen. Dann wollen wir mal!"


"Äh, Moment..."

"Ruhe da hinten. Wer macht den Anfang? Focus Online, ja?"

"Es ist der Abend des Kapitänsdinners. Die „Costa Concordia“, 290 Meter lang, 36 Meter breit, pflügt durchs Mittelmeer auf dem Weg nach Savona, mit 3200 Gästen und 1000 Mitarbeitern an Bord. Der 63 Jahre alte Brian Page genießt sein Sieben-Gang-Menü auf Tafelsilber."


" 'Auf  Tafelsilber' ?"

"Ruhe da hab' ich gesagt! Das ist gut, richtig gut! Da ahnt man schon das Grauen aufziehen. Jetzt der Eisberg!"


"Eisberg??"


"Was auch immer... Ja, Bild?"

"Ein lauter Knall erschüttert den Kreuzfahrt-Riesen, Gegenstände fliegen umher, der Strom fällt aus. Auf dem Schiff wird es stockdunkel."

"Naja, für Bild ein bisschen schwach. Aber ok. Wie geht's jetzt weiter in "Titanic"?"

"Die Leute sind da doch verzweifelt ins eiskalte Nordatlantikwasser gesprungen!"

"Genau, Süddeutsche! Versuch's Du doch auch mal!"

"Einige Passagiere sprangen italienischen Medien zufolge in Panik in das eiskalte Wasser."


"Moment mal, das Schiff ist nicht im Nordatlantik gesunken, sondern im Mittelmeer! Das Wasser ist da nicht -3 Grad kalt, sondern +13. Gut, nicht gerade Badewetter, aber 'eiskalt'?"

"Ich würd's auch etwas ändern."

"Ja, n-tv?"

"Viele Passagiere brachen in Panik aus und sprangen von Bord in das eisige Meer."

"Jaaa, sehr schön! Aber laßt doch auch die Süddeutsche noch mal, die scheint sich noch gut an den Film zu erinnern."

"Ja, ich hab noch was! Wie wär's mit dem Versinken im Ozean:
Nach Angaben des Corriere, der sich auf der Reederei Costa Crociere nahestehende Quellen beruft, sollen besonders die Besatzungsmitglieder aus Küchen und Wäschereien in Gefahr sein. Sie arbeiteten vorwiegend in dem Teil des Schiffes, das jetzt am tiefsten im Ozean versunken ist."


"Jetzt macht aber mal einen Punkt! Das Schiff ist nicht tief versunken, sondern liegt keine hundert Meter vor einer Insel auf Grund. Und das auch nicht im Ozean, sondern im Mittelmeer!"

"Dieses ewige Genöle geht mir echt langsam auf den Keks!
So, was wir jetzt noch brauchen, das sind ein paar schöne knackige O-Töne! Der Spiegel will auch mal, ja?"

"Der Rollstuhl flog durch die Kabine", erzählte Schreiber. Die Darstellungen unterscheiden sich, andere Passagiere berichten nur von einem leichten Ruck.
 Es war das Schrecklichste, was ich je erlebt habe", sagte Kurt Schreiber. "Nicht einmal der Krieg, den ich miterlebt habe, war vergleichbar."


"Oh neiiiin, das darf doch nicht wahr sein! Vielleicht wäre es in jedermanns Interesse gewesen, gerade diese furchtbare Stelle nicht zu zitieren?"

"Jetzt ist da hinten endgültig Ruhe, sonst setzt's was!
Ich finde, wir kommen super voran! Jetzt noch schnell eine kurze Einordnung der Ereignisse in die historischen Zusammenhänge drübergestreuselt... Ja, Focus noch mal?"

"Der Gigant der Meere scheint einen Felsen gerammt zu haben, Wasser dringt ein. Wer abergläubisch ist, der erinnert sich plötzlich: Es ist Freitag, der 13.
Vielen an Bord des 290 Meter langen und knapp 36 Meter breiten Kreuzfahrtriesen kommt als erstes die Katastrophe der „Titanic“ in den Sinn. Deren Untergang jährt sich im April zum 100. Mal."

"Perfekt! Jetzt noch eine heiße Überschrift drüber, und fertig! Hast du da noch 'ne Idee, Focus Online?"

"Fertig! Super, ihr seit die Größten!"


"Das ist völliger Mist, und das wisst ihr auch!"

"Ich finde, wir sollten unsere Artikel ruhig öfter so schreiben. Zum Beispiel diese FDP-Krise... Ihr habt doch bestimmt auch "Der Untergang" gesehen...?"


"Ach, macht doch, was ihr wollt..."

Montag, 9. Januar 2012

Türkische Nächte

Pauschalurlaub in der Türkei gilt ja nicht gerade als die Königsklasse der Feriengestaltung. Doch man kann ein befreundetes Paar Ende Zwanzig durchaus verstehen. Wenn Sie meint, ihr Glück in einer Promotion ausgerechnet in einer so brotlosen Kunst wie den Politikwissenschaften zu finden, und Er mit einem nicht anerkannten Abschluß im Bauingenieurswesen bemüht ist, die beiden durchzubringen, dann ist die Urlaubskasse mit einer Woche in einem türkischen Hotelbunker schon am Limit. Doch die Gästebetreuung in der Türkei ist besser, als man erst vermuten würde. Viel besser.
Die Angelegenheit begann mit einem Rasierer. Vermutlich liegt das Geschick der Männer daran, daß sie von Beginn an so kritische Körperstellen wie die Kehle und die Nähe der Halsschlagadern rasieren müssen. Würden sie einen ebenso laxen Umgang mit dem Naßrasierer pflegen, wie Frauen es tun, sie würden vermutlich schon kurz nach der Geschlechtsreife tot unter dem Waschbecken liegen. Und auch besagte Frau schaffte es, sich beim Rasieren der Beine unter der Dusche des Hotels ihre Schienbeine bedauernswert gründlich aufzuschneiden. Und dann gelang es ihr im Schlaf auch noch, die Pflaster an den Beinen abzustreifen und das Bettzeug mit ihrem Blut einzusauen. In einem deutschen Hotel wäre man jetzt nicht überrascht, würde die Rezeption das Reinigen der Bettwäsche vom Blut separat in Rechnung stellen. Doch nicht so das türkische Hotel! Am nächsten Tag kommen sie vom Strand zurück ins Hotel. Und auf ihrem Zimmer finden sie nicht nur tadellos weiße neue Laken vor. Nein. Das Bett ist auch über und über mit Rosenblüten bestreut.
Sollte also die ein oder andere Leserin auch etwas ungeschickt im Umgang mit dem Damenrasierer sein, oder gar noch ein bisschen an Unschuld zu verlieren haben: In der Türkei hat man einfach mehr Spaß daran!

Donnerstag, 5. Januar 2012

Die Wulffolyse

Von wem wollen Sie sich den gestrigen Wulff-Auftritt am liebsten analysieren lassen? Hier der exklusive Leserservice: Wählen Sie sich ihre Lieblingsanalystenzunft!

Der Medienexperte (n-tv)
(ganz schnell gemerkt: "Ich glaube, daß Wulff mittlerweile in einer schwierigen Ausgangsposition ist.")

Der Kommunikationsexperte (Tagesschau)
(ganz nett: "Wulff habe sympathisch und nett gewirkt.")

Der Kommunikationstrainer (Spiegel)
(ganz detailgenau: "Er zeigte seine Handknöchel, baute also eine Barriere auf.")

Der Medienforscher (Süddeutsche)
(ganz überraschend: "Dass Wulff trotz der Kritik an seinem Hauskredit und dem Umgang mit den Medien im Amt bleiben wolle, das könne ihm gelingen, meinte Pörksen.")

Der Körperspracheforscher (Hamburger Abendblatt)
(ganz unzweideutig: ""Sein Kopf wackelte ganz stark nach links und rechts. Auch bei Aussagen, wo er klar sein wollte. Da hat man sofort im Unterbewusstsein: ,Das glaube ich ihm jetzt nicht.'" Das müsse aber nicht bedeuten, dass Wulff gelogen habe, sagte Verra.")

Der Sozialpsychologe (Focus)
(ganz kritisch: "Er hat – wie Guttenberg – sein Gegenüber nicht angesehen, war also nicht im Beziehungskontakt und war extrem angespannt. Deswegen bleibt die Frage, wie tragfähig ist diese Entschuldigung?")

Die Gehörlose Lippenleserin (Rhein-Zeitung)
(ganz tiefgehend: "Der Druck ist groß. War er übrigens schon immer so grau an den Schläfen?")

Der Astrologe (astrologieklassisch)
(mein ganz persönlicher Favorit: "Wulff scheint einen völlig unfähigen Astrologen zu beschäftigen.")


Noch ausstehend, wird wenn verfügbar nachgereicht:


Der Kaffeesatzleser (Tchibo Magazin)


Die Backwarenfachverkäuferin (Bäckerblume)


Der Karl-Theodor zu Guttenberg (Schriften zum Internationalen Recht)

Mittwoch, 4. Januar 2012

Gaudeamus igitur

Zeit für eine neue Enthüllung! Eigentlich wollte Die Wahrheit über die Wahrheit diese Sache ja als erledigt betrachten. Aber jetzt geht es darum, einen falschen Eindruck zu vermeiden. Wenn unser Bundespräsident schon halb Deutschland anruft und sein Herz selbst dem Anrufbeantworter eines Schmierenblatts ausschüttet, und nur hier herrscht Schweigen, dann könnte man ja fast denken, DWüdW sei unwichtig! Also bekennen wir an dieser Stelle in eigener Sache: Auch der DWüdW-Chefredakteur hat einen Drohanruf von Christian Wulff bekommen! Das Gespräch war kurz und frostig, und aus journalistischer Redlichkeit fühlt sich DWüdW verpflichtet, das Erinnerungsprotokoll an dieser Stelle vollständig wiederzugeben:

Ring ring
DWüdW:     Die Wahrheit über die Wahrheit, der Chef am Apparat!
C. W.:           Hier ist der Christian.
DWüdW:     Christian?
C. W.:           Na der Wulffs Christian.
DWüdW:     Ah, Herr Präsident!
C. W.:           Lass' das Gesülze! Pass auf, so geht das nicht!
DWüdW:     Äh...?
C. W.:           Wenn Ihr jetzt auch noch mit dieser unglaublichen Geschichte über meine Kreditgeschäfte herauskommt, dann, dann... dann ist der Rubikon endgültig überschritten!
DWüdW:     Aber...
C. W.:           Ich hab schon versucht, Kai zur Rede zu stellen, aber ich hab' diese Pissnelke nicht erreicht.
DWüdW:     Da hast Du wohl den Kairos verpasst.
C. W.:           Eben. Und die olle Friede und dieser Töpfner oder wie der heißt, wollen mit nix zu tun haben. Amicus certus in re incerta cernitur!
DWüdW:     Aber die journalistische Verpflichtung zwingt uns dazu, über Deine Kreditgeschäfte zu berichten!
C. W.:           Quatsch! Das wäre ein casus belli!
DWüdW:     Vielleicht hättest Du Dir früher überlegen sollen, von wem Du Dir alles Geld leihst!
C. W.:           Pecunia non olet!
DWüdW:     Audiatur et altera pars!
C. W.:           Quod licet Jovi non licet bovi!
DWüdW:     Salus publica suprema lex!
C. W.:           Factum infectum fieri non potest.
DWüdW:     Qui tacet, consentiere videtur.
C. W.:           Mundus vult decipi ergo decipiatur.
DWüdW:     Incedit in Scyllam, qui vult vitare.
C. W.:           Wir verstehen uns!
Tut tut tut tut...


Nur eine Antwort bleibt Die Wahrheit über die Wahrheit in dieser Angelegenheit noch schuldig: Wieso hat sie sich nach diesem Anruf in ihrer Pressefreiheit einschränken lassen und als einziges großes Medium doch auf die Veröffentlichung ihrer exklusiven Story über Wulffs Kreditmachenschaften verzichtet? Ganz einfach! Die Wahrheit unters Volk bringen als hehre journalistische Aufgabe, schön und gut. Aber die Wahrheit unters Volk bringen wann und wie es den eigenen strategischen Absichten am dienlichsten ist, das ist wahre Pressefreiheit!

Sonntag, 1. Januar 2012

Staubige Schwangerschaft

Eigentlich dachte ich, so etwas wäre auch nur ein Klischee über Schwangere, so wie daß sie sich Erdbeermarmelade auf ihre Ölsardinen streichen würden. Aber in diesem Fall stimmt es. Kaum daß die Geburt näher rückt, verfallen Schwangere hoffnungslos einem leidenschaftlichen Nestbautrieb. Und dann müssen sogar die Lampenschirme geputzt werden! Aber das verstehe ich ja. Was soll das Baby denn denken, in was für eine dreckige Welt es da hineingeboren wurde, wenn die Lampenschirme voller Staub sind? Doch mein sachlicher Einwand, daß Neugeborene frühestens nach vier Monaten Dinge jenseits einer Armlänge erkennen können, und daß das Putzen der Lampenschirme daher noch ein bisschen Zeit hätte, stieß auf taube Ohren. Also klettert man auf die Leiter und wischt. Kaum aber ist diese Aufgabe erledigt, entspinnt sich der folgende Dialog:

Sie:   Ich hab mir mal die Fußleisten angeguckt, da ist auch jede Menge Staub!
Er:    Was?
Sie:   Die Fußleisten sind ganz staubig, die mußt du auch noch wischen.
Er:    Wen interessiert schon, ob die Fußleisten staubig sind?
Sie:   Hier schlafen bald zwei kleine Babys!
Er:    Die schlafen aber nicht auf den Fußleisten.
Sie:   Aber die atmen das dann alles ein!
Er:    Wenn's auf den Fußleisten liegt, können sie es nicht einatmen.
Sie:   Aber was aufgewirbelt wird!
Er:    (beugt sich zu der Fußleiste hinab) Da liegt wirklich eine Menge Staub.
Sie:   Sag ich doch!
Er:    Das wird wohl mit der Zeit auch immer mehr...
Sie:   Eben!
Er:    Und das heißt, daß da die Staubablagerungsrate deutlich höher ist als die Aufwirbelungsrate! Das Wegwischen des Staubes wäre daher eine höchst ineffektive Methode, den Staubgehalt in der Raumluft zu reduzieren. Weißt du, du mußt das quasi mikrogeologisch sehen! Die Fußleisten stellen ein Sedimentbecken für den Hausstaub dar...
Sie:   Ich dulde kein Sedimentbecken im selben Raum wie meine Babys!

Was kann man darauf noch erwidern? Also krabbelt man mit einem Lappen die Fußleisten entlang. Und man fragt sich, was eigentlich aus den wilden Zeiten geworden ist, von denen man als Jugendlicher dachte, daß sie irgendwann ja mal losgehen müssten?